VON OLIVER GRISS UND TREESE (IMAGO)

Wie groß die Erleichterung über diesen 2:0-Sieg in Dortmund war, das konnte man ganz gut auf der Tribüne im altehrwürdigen Stadion Rote Erde beobachten: Geschäftsführer Marc Pfeifer klebte nach dem Schlußpfiff förmlich an Ismaik-Vertreter Anthony Power. Robert Reisinger, Sebastian Seeböck und auch Markus Drees jubelten mit - hinterher sah man einige davon sogar auf dem Rasenplatz, ein Vorgang, der normalerweise im Profifußball eher unüblich ist.

Sie feierten gemeinsam diesen Sieg, der so wichtig für den inneren Frieden an der Grünwalder Straße 114 war: Einerseits haben die Löwen bewiesen, dass sie es auch ohne Aufstiegsheld Sascha Mölders können, andererseits wurde mit diesem ersten Zu-Null-Dreier in der Fremde der Abwärtstrend gestoppt. Mehr aber auch nicht, wenn man nach Abschluß der Vorrunde einen Blick aufs Tabellenbild wirft. Der TSV 1860 beginnt als Rangzehnter die Rückrunde - das ist ein Ergebnis, mit dem ohne die blaue Brille keiner zufrieden sein kann. Dass es überhaupt soweit gekommen ist, hat auch damit zu tun, dass die Löwen sich von der vergangenen Saison mit Platz 4 blenden haben lassen - und im Kaderbereich nicht vorgesorgt haben. Die Vorrunden-Bilanz auf db24:

Die Fakten: 1860, das in dieser Saison bislang kein Topteam besiegen konnte, schließt die Vorrunde mit erzielten 26 Punkten als Tabellenzehnter ab - mit sechs Siegen, acht Unentschieden und fünf Niederlagen. Das Torverhältnis ist mit 29:27 gerade noch positiv. Der Unterschied zur Vorsaison ist gravierend: Die Köllner-Elf hat sieben Punkte weniger auf dem Konto, auch das Torverhältnis ist im Vergleich zur alten Spielzeit (+19) wesentlich schwächer. Das Grünwalder Stadion ist keine Festung mehr. In der Heimtabelle liegen die Blauen nur auf Rang 10, auswärts konnte man dank der beiden letzten Siege beim TSV Havelse (3:2) und Dortmund (2:0) etwas Boden gut machen und rangiert auf Position 11. PS: In der Saison 2019/2020 kamen die Löwen nach der Vorrunde übrigens auf dieselbe Punktzahl - und durften sogar kurzzeitig noch mal an die Aufstiegsränge hinschnuppern. Ein Ansporn für eine neue Aufholjagd?

Der Rückstand: Herbstmeister Magdeburg enteilt der Konkurrenz - und steht vor dem Nachholspiel am Mittwoch in Zwickau mit 40 Punkten auf Platz 1. Die ersten Verfolger sind Braunschweig (35) und Mannheim (34). Auf den Relegationsplatz liegt 1860 acht Punkte im Hintertreffen. Nicht unlösbar, aber schwierig dies aufzuholen, zumal dazwischen zahlreiche Mannschaften mitwirken, denen der Aufstieg eher zugetraut werden kann: Lautern, Saarbrücken und Osnabrück. Immerhin ist Sechzig zu stabil, um in Abstiegsnöte zu kommen.

Die Offensivleistung: Weil Sascha Mölders nicht mehr so geliefert hat wie geplant und am Ende auch darüber gestolpert ist, ist die Löwen-Power in der Offensive überschaubar. Statt 13 Treffer nach 19 Spieltagen erzielte der freigestellte Kapitän nur fünf Tore. Erfolgreichster 1860-Torschütze in dieser Saison ist seit Samstag Neuzugang Marcel Bär, der mit seinem Tor zum 2:0 gegen die U23 des BVB seinen sechsten Saisontreffer erzielt hat. In den Top Ten der Dritten Liga taucht kein Löwe auf - bezeichnend. Die besten Scorer des Klubs sind Stefan Lex und Mölders mit jeweils neun Punkten.

Vertrag muss bis zum 31. Dezember verlängert oder gekündigt werden: Soll 1860 weitermachen mit Günther Gorenzel?

Umfrage endete am 28.12.2021 11:00 Uhr
Nein!
59% (2599)
Ja!
41% (1822)

Teilnehmer: 4421

Achillesferse Abwehr: 1860 konnte in dieser Vorrunde nur fünfmal zu Null spielen - eine Quote, die nicht aufstiegsreif ist. Nach 19 Spielen hat Marco Hiller schon 27mal die Kugel aus dem Tor holen müssen (Tom Kretzschmar blieb bei seinen beiden Spielen ohne Gegentreffer). In der Vorsaison lag der Wert zum selben Zeitpunkt bei 19 Gegentoren. Besonders in den Umschaltsituationen und bei Standards zeigt 1860 keine gehobene Klasse.

Die Elfmeter-Misere: Bereits sechs Elfmeter hat der TSV 1860 in dieser Saison zugesprochen bekommen - aber nur zwei konnte die Köllner-Elf verwandeln. Auch ein Grund, warum die Löwen hinter den Erwartungen geblieben sind. Man darf gespannt sein, wer bei der nächsten Chance zum Elfmeterpunkt schreitet.

Brave Buben: Die Löwen stehen in der Fairness-Tabelle auf Platz 2 - hinter Zweitliga-Absteiger Braunschweig. Keine Mannschaft sah seltener den gelben Karton. 1860 liegt nur hinter den Niedersachsen, weil sie einmal eine Gelb-Rote kassiert haben.

Die Zuschauer-Statistik: Aufgrund der Corona-Pandemie durfte der TSV 1860 manchmal nur teilweise oder am Ende gar keine Fans ins Grünwalder Stadion lassen - im Schnitt waren 7111 Anhänger im Stadion am Giesinger Berg. Magdeburg (15.362), Lautern (13.329) und Saarbrücken (8054) liegen in dieser Wertung vor 1860.

Der Dauerbrenner: Abwehrchef Stephan Salger stand von möglichen 1710 Minuten 1703 Minuten auf dem Feld - der Ex-Bielefelder wurde zweimal kurz vor Schluß ausgewechselt.

Eingesetzte Löwen: 24 Spieler sorgten für dieses bislang unbefriedigende Ergebnis - zuletzt feierte der 18-jährige Milos Cocic beim 2:0 in Dortmund sein Profi-Debüt. Freiburg 2 setzte bereits 34 Spieler ein, Saarbrücken und Havelse jeweils nur 21. Mit einem Altersdurchschnitt von 26,7 Jahren liegt 1860 ebenfalls im Mittelfeld. Beim 2:0 in Dortmund wies die Startelf einen Altersdurchschnitt von 26,5 auf.

Was kann man von den Löwen in der Rückrunde noch erwarten? Diskutiert mit!