VON OLIVER GRISS

Der “Blickpunkt Sport”-Auftritt von Robert Reisinger hat in den letzten 24 Stunden zu kontroversen Diskussionen geführt. Der Ober-Löwe sieht sich selbst als “Hafen der Vernunft in diesem unruhigen Wasser”. Der 55-jährige Unternehmensberater sprach bei Moderator Markus Othmer über:

die 1:5-Pleite in Magdeburg: “Das war ein gebrauchter Tag - ganz klar. Da fährst in der Früh hoch, siehst das Debakel. Aber einen Löwen kann nichts erschüttern. Wir haben Schlimmeres mitgemacht.”

seine scheue Öffentlichkeitsarbeit: “Erstens: Ich bin der Präsident des e.V. Wir haben genug festangestellte Mitarbeiter in der KGaA, die sprechen und auch dafür bezahlt werden. Die sollen ihre Arbeit machen und 1860 in der Öffentlichkeit vertreten. Ich habe mir zur Devise gemacht, ich habe das bei meinen Vorgängern immer bemängelt, dass sie immer in der Öffentlichkeit sind, habe ich mir gedacht: Ich mache den anderen Ansatz. Ich sage, wenn es etwas zu sagen gibt, dann sage ich es auch deutlich. Ich halte nichts von Wasserstandsmeldungen. Das ist nicht meine Art, das mag ich nicht.”

auf die Frage, wie er mit der teilweise harschen Kritik im Internet an seiner Person umgeht: “Das stimmt nicht. Ich habe schon mein Homeboys und Fanboys. Es gibt solche und solche. Das ist ein Gesellschaftsproblem - nach dem Motto: Warum sachlich, wenn’s persönlich auch geht? Ich lese es nicht, weil ich die Zeit nicht dafür habe. Mir tun die Leute leid, die polemisch werden. Die Leute kennen mich nicht einmal und maßen sich ein Urteil an, weil ich über den Rasen laufe oder in Blickpunkt Sport sitze. Die Leute sollen zu mir kommen, dann können wir uns unterhalten…”

den Spaltverein 1860: “Das mit den zwei Lagern ist ein konstruierter Fall. Bei einem Verein mit 23.000 Mitgliedern wird’s nie nur eine Stimme geben - das wird nicht funktionieren. Klar ist, wir haben unterschiedliche Interessen. Aber die Spaltung wird eigentlich mehr von den Medien hochgetrieben. Ich selber empfinde die gar nicht so. Wenn ich bei den Fans bin, und ich bin sehr viel bei den Fans und auch bei den Fanclubs - egal ob organisiert oder unorganisiert. Klar kommen dann auch die Fragen: Wieso redest du nicht mit ihm (Ismaik, d. Red.)? Aber wenn ich mich mit den Fans austausche, verstehen auch viele Leute, warum wir das machen müssen. Nicht alle, aber die meisten.”

Robert Reisinger bei Blickpunkt Sport: Welche Note geben Sie dem Ober-Löwen für seinen Auftritt in der BR-Kultsendung?

Umfrage endete am 08.09.2019 23:00 Uhr
Note 6
35% (2668)
Ich habe die Sendung nicht gesehen.
23% (1728)
Note 5
16% (1226)
Note 1
9% (678)
Note 4
7% (508)
Note 2
6% (429)
Note 3
5% (406)

Teilnehmer: 7643

den Konsolidierungskurs: “In der Regionalliga mussten wir uns mit den Altlasten der Zweiten Liga durchschlagen, in der Dritten Liga sind wir ein Stück weit besser dran. Wenn Sie 23 Millionen Miese haben und der Umsatz von 21, 22 Millionen auf 10 Millionen runterfällt, steckt das keine Gesellschaft weg. Der Plan ist: Wir geben nicht mehr aus, als wir einnehmen. Der Konsolidierungskurs ist zwingend für die Gesellschaft. Er ist keine Erfindung von mir, sondern er entstand daraus, dass wir abgestiegen sind. Wir hatten Blindflug und wussten nicht, wo die Firma überhaupt steht und ob es überhaupt weitergeht.”

Die Othmer-Rechnung, dass die Konsolidierung bei 1860 möglicherweise 80 Jahre dauern werde: Ich habe einmal gesagt, es ist wie bei einem Spieler, der Rekonvaleszent ist: Solange er verletzt ist, doppelt so lange braucht er, bis er wieder auf dem Niveau ist, dass er vorher hatte. Wir haben uns jetzt in acht Jahren runtergewirtschaftet. Ich hoffe nicht, dass es acht Jahre dauert, dass wir auf das Niveau kommen, wo wir eigentlich sein sollten…”

Ismaiks Facebook-Ankündigung, er wolle helfen: “Er hat leider nicht konkretisiert, wie er helfen will. Mit neuen Darlehen hilft er uns nicht, das muss er endlich mal verstehen. Die Geschäftsführer haben die Anweisung, keine Darlehen und Genussscheine ohne Sofortkasse zu akzeptieren. Bei unserer toxischen Bilanz von 23 Millionen Miese und weiteren 20 Millionen an Genussscheinen ist das einfach nicht zukunftsfähig.”

seine Kritiker: “Es gibt ein Lied von Konstantin Wecker: Es sind nicht immer die Lauten, die stark sind, nur weil sie lautstark sind.”

die gewünschte Kapitalerhöhung: “Es gibt ein Konsortium, das bereit wäre, diese Kapitalerhöhung mitzugehen. Dadurch könnte man frisches Kapital aufbringen, um in die 2. Liga aufzusteigen… Doch der Kooperationsvertrag hindert uns daran. Damit sind mir und uns die Hände gebunden, da der Vertrag genau das ausschließt, dass man mit anderen Investoren und neuen Gesellschaftern Gespräche führt. Deshalb sind wir mit Hasan Ismaik in Gesprächen und warten auf seine Reaktion.”

seinen Führungsstil: “Ich bin zwar im internen Kreis immer sehr laut, aber in der Öffentlichkeit gehe ich immer davon aus, was schadet dem Verein und was nutzt dem Verein. Ich als Präsident muss einfach der Hafen der Vernunft sein in diesem unruhigen Wasser. Dann kann ich da nicht lospoltern, das bringt niemandem etwas.”

die Zusammenarbeit mit Ismaik: “Wir sind in direktem Kontakt mit Hasan Ismaik. Es läuft sehr Vieles über die Anwälte. Ich hätte auch die Telefonnummer, aber wenn ich anrufe, geht Herr Ismaik nicht immer ran. Ich mache es von Haus aus lieber schriftlich, denn das meiste brauchen wir sowieso schriftlich und dann brauche ich nicht telefonieren.”

über das Fanpotential der Löwen bis zu 30.000 Fans: “Jetzt beim Heimspiel gegen Meppen sind auch wieder 200 oder 300 Plätze leer geblieben…”

die geplante Etat-Kürzung von 3 auf 2,5 Millionen Euro in der Saison 2020/2021: “Ein Budget hat nichts mit sportlichem Erfolg zu tun. Sportlicher Erfolg kommt durch die mannschaftliche Geschlossenheit und, dass sich die Mannschaft mit Trainer und Verein identifiziert. Klar, Geld schießt Tore, aber wir sind der lebende Beweis, dass wir mit dem dritthöchsten Etat von der Zweiten in die Vierte Liga durchgereicht wurden. Also Geld schießt nicht unbedingt Tore. Man muss sich halt zielgerichtet verstärken. Dazu braucht man ein gutes Scouting, einen guten Trainer, den wir ja haben…”