VON OLIVER GRISS UND CATHRIN MÜLLER (MIS)

“Gorenzel, mach Deine Arbeit.” Diese deutliche Aufforderung der Fanszene des TSV 1860 wurde am Samstag beim 1:1 in Braunschweig auf einem Transparent ausgerollt und über einen längeren Zeitraum hochgehalten. Danach wurden die Bilder - und zwar nicht von Sport-Fotografen - an diverse Zeitungen verschickt. “Die Fakten sprechen eine klare Sprache”, erklärte Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel am Dienstagnachmittag und schaltete in den Verteidigungsmodus: “Erstens - und das bitte klar festhalten: Ich habe hier den Cheftrainer (Daniel Bierofka. d. Red.) vertreten, in Analysen, auf dem Platz - ich habe in der laufenden Saison weit mehr Arbeitsleistung eingebracht, wie es in meinem Vertrag verankert war. Zweitens, wenn man nüchtern auf die Fakten sieht: Wir sind momentan der beste Aufsteiger. Wir haben aus den letzten acht Spielen von 23 möglichen 16 Punkte geholt. Das ist ein Schnitt von zwei Punkten. Das alles spricht für die Arbeit in der Abteilung Sport. Ich will mich nicht hinstellen, dass das alleine meine Abteilung ist - aber ich leite diese Abteilung. Ich stehe in der Verantwortung. Und das vierte Faktum - und das ist ganz entscheidend, was Rückschlüsse auf die Arbeit eines Sportdirektors zulässt: Wenn wir die Relation von den bislang erzielten Punkten bis dato zum eingesetzten Kapital, zu den Transfermitteln sieht, dann stehen wir momentan hinter dem Karlsruher SC auf dem zweiten Platz.”

1860 steht kurz vor dem vorzeitigen Klassenerhalt: Wie bewerten Sie die Arbeit der sportlichen Abteilung um Trainer Bieroka & Geschäftsführer Gorenzel?

Umfrage endete am 15.04.2019 15:00 Uhr
Note 1
46% (2950)
Note 2
43% (2757)
Note 3
7% (432)
Note 4
2% (108)
Note 6
1% (88)
Note 5
1% (56)

Teilnehmer: 6391

Und trotzdem wird es beim TSV 1860 trotz beachtlicher sportlicher Leistungen immer politischer. Auf der einen Seite wird Gorenzel attackiert für seine deutlichen Töne (Thema Konsolidierung), auf der anderen Seite wird Präsident Robert Reisinger - für was auch immer - gefeiert. Nach dem Schlusspfiff ging der Ober-Löwe beispielsweise das erste Mal in seiner 22-monatigen Amtszeit bei einem Auswärtsspiel vor den Gästeblock. Der legendäre Löwen-Präsident Karl-Heinz Wildmoser machte dies übrigens im Jahr 2000 das letzte Mal, als sich der TSV 1860 am 20. Mai beim 1:1 in Kaiserslautern mit Platz 4 in der Bundesliga für die Champions League-Qualifikation qualifizierte. Aber für den Wahlkampf an der Grünwalder Straße ist offenbar jedes Mittel recht…

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Abhalten von seinem eingeschlagenen Kurs wird Gorenzel die Fan-Kritik nicht: “Wer mich kennt, der weiß, dass ich mich zu allen Themen, die den Sport betreffen, klar äußern werde. Das wird auch in Zukunft so sein.” Heißt: Gorenzel lässt sich von der Szene nicht zum Schweigen bringen, auch nicht bei kritischen Themen - wie Pyro und körperliche Gewalt im und rund um das Stadion. “Fanthemen spielen zum Teil sehr stark in den Sport hinein”, erklärte der 47-jährige Österreicher: “Diese Dinge, wenn es beispielsweise zu Ausschreitungen kommt, sind aufs Schärfste zu kritisieren. Mein Appell an alle Fans - egal auf welcher Seite, den Sport und Support wieder in den Mittelpunkt zu stellen.”