VON OLIVER GRISS

Robert Reisinger ist prinzipiell immer für einen überraschenden Wortbeitrag gut. Dies bestätigt der Ober-Löwe immer wieder eindrucksvoll - seit knapp sieben Jahren.

Doch das, was der 60-Jährige im e.V.-nahen Fanmagazin sechzger.de zuletzt von sich gegeben hat, hat selbst für Reisinger eine neue Sprengkraft. Angesichts des Wahlkampfes sagte der Vereinsvorsteher in Richtung “BündnisZukunft1860” tatsächlich: “Der Verwaltungsrat des gemeinnützigen Vereins ist das falsche Gremium für Leute, die eigentlich am Rad des Profifußballs drehen wollen.”

Bitte was?

Reisinger redet den Verwaltungsrat in seiner Rolle bei 1860 klein - bewusst oder unbewusst, das können wir nicht beurteilen. Was wir aber beurteilen können: Seine Aussagen sind so nicht richtig. Dabei sollte Reisinger es eigentlich wissen, schließlich war er im Abstiegsjahr 2017 der stellvertretende Verwaltungsratsboss hinter Dr. Markus Drees und hatte somit auch eine entscheidende Rolle an den Vorgängen beim Giesinger Traditionsklub inne.

Es ist Zeit, den Mitgliedern und Fans reinen Wein einzuschenken - deswegen haben wir den “Erklär-Löwen” reaktiviert.

Bei 1860 ist der Verwaltungsrat nahezu mit allen Kompetenzen ausgestattet, die direkt oder indirekt die KGaA beeinflussen - und genau das ging in den letzten Jahren immer wieder unter: Der Verwaltungsrat castet nicht nur den Präsidenten und kontrolliert ihn gleichzeitig (und natürlich auch dessen Stellvertreter), sondern gibt auch den jeweiligen Kurs vor. Siehe auch die Hardliner-Aussage von Langzeit-VR Robert von Bennigsen nach dem Doppel-Abstieg 2017 zu Peter Cassalette: “Du kannst bleiben - aber ab sofort gegen Hasan!”).

Der Verwaltungsrat nimmt sich auch das Recht heraus, die jeweilige Geschäftsführung vor der Einstellung zu begutachten - oder sich im Fall Sitzberger gegen einen Vize-Präsidenten zu stellen, weil der den wenig förderlichen Krawallo-Kurs gegen den Mehrheitsgesellschafter nicht mehr mitgehen wollte. Der Verwaltungsrat schickt auch die Personen in den Beirat (Robert Reisinger und Nicolai Walch), die mit dem 50+1-Schwert die Geschäftsführung der KGaA einsetzen - abzulesen an den Beispielen der Einstellungen von Dr. Christian Werner und Oliver Mueller. Auch deren Vorgänger wurden seit dem Zwangsabstieg 2017 ausschließlich vom e.V. gecastet.

Kurzum: Der Verwaltungsrat ist das mächtigste Gremium bei 1860. Die derzeitige und wenig weitsichtige politische Ausrichtung kommt von den aktuellen Köpfen.

In seiner Satzung schreibt der TSV 1860 zum Anforderungsprofill für dieses Kontrollgremium: “Die Mitglieder des Verwaltungsrats sollen angesehene Personen sein, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen in der Lage sind, dem Verein beratend in rechtlichen, wirtschaftlichen, sportlichen, sport- und fanpolitischen Belangen sowie aufsichtsführend zur Verfügung zu stehen.”

Ist der Reisinger-Kurs gescheitert?

Umfrage endete am 11.04.2024 14:00 Uhr
Ja!
90% (4270)
Nein!
10% (488)

Teilnehmer: 4758

Das Bündnis schickt mit Professor Klaus Lutz, Martin Gräfer, Thomas Hirschberger, Thomas Baudisch, Robert Forster und Alexander Hofmann für den Verwaltungsrat ins Rennen, die nicht nur beruflich erfolgreich sind, sondern teilweise sogar eine jahrelange Lebensmitgliedschaft besitzen - Hirschberger beispielsweise seit 1993. Außerdem treten in der 24 Mann langen Kandidatenliste parteilos Aufsichtsratsboss Saki Stimoniaris (saß bis vor einigen Jahren noch im Aufsichtsrat des Automobil-Riesen VW) und Gernot Mang an. Letzterer ist CEO von der Vivonio Furniture GmbH. Jährlicher Umsatz zwischen 300 und 400 Millionen Euro.