Das fünfte Drittliga-Jahr der Löwen, es sollte das letzte werden. Die Euphorie im Sommer 2022 war groß. Neun Neuzugänge, Dauerkartenrekord, Fünf Siege am Stück zu Beginn der Dritten Liga. Acht Monate später steht fest: Die Mission Aufstieg ist gescheitert – wieder einmal. 1860 muss ein weiteres Jahr Drittklassigkeit über sich ergehen lassen.
In knapp vier Monaten startet die Drittliga-Saison 2023/2024. Bis dahin müssen viele Dinge erledigt werden. Nicht im Mai, nicht im Juni, sondern jetzt! 1860 muss sich aus der Schockstarre des verpassten Saisonziels lösen und die kommende Spielzeit planen. Wir haben zusammengefasst, welche Anliegen an der Grünwalder Straße 114 dringend erledigt werden müssen:
Darf Günther Gorenzel auch die Saison 2023/2024 planen?
Es ist ruhig geworden um den Sport-Geschäftsführer der Löwen seit der Vorstellung von Maurizio Jacobacci. Keine Interviews, kaum öffentliche Auftritte, auch auf der Trainerbank ist Gorenzel nicht mehr zu finden. Seine vier Wochen als Interimscoach zuvor waren von Erfolglosigkeit geprägt: Zwei Zähler aus vier Partien gegen Kellerkinder der Dritten Liga gab es zu verbuchen – viel zu wenig für die Ansprüche in München-Giesing. Nun müsste der 51-Jährige derzeit eigentlich alle Hände voll zu tun haben, die Zukunft bei Sechzig zu planen, immerhin laufen 14 Spieler-Verträge im Sommer aus.
Die Frage ist nur: Trauen die 1860-Bosse dem Österreicher, der das Team zusammen mit Ex-Coach Michael Köllner vor der Saison zusammenstellte und diesen Ende Januar entließ, das überhaupt zu? Rückendeckung erhielt Gorenzel in den vergangenen Wochen von oben nicht – im Gegenteil: Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik sagte gegenüber der “SZ”: “Er hat die Strategie entwickelt und die Teamzusammenstellung beeinflusst. Wenn man jemandem Jahr für Jahr ein Ziel setzt und ihm die Mittel gibt, es zu erreichen, und er schafft es nicht, wird er es nie schaffen. Das ist klar!” Deutliche Worte.
Und der e.V.? Der äußert sich öffentlich zur Personalie Gorenzel zwar deutlich zurückhaltender, soll seinen Geschäftsführer laut übereinstimmenden Medienberichten zuletzt abgemahnt haben. Grund dafür sei ein Formfehler bei der XXL-Suche nach einem Nachfolger für Köllner gewesen sein. Gorenzels Ausgangsposition ist dennoch nicht die schlechteste. Sein Vertrag verlängerte sich zum Jahreswechsel automatisch bis Sommer 2024, da er zuvor nicht gekündigt wurde. Die Kosten für eine vorzeitige Auflösung müsste die Ismaik-Seite tragen, die zuvor bereits nicht unbedingt Fan der automatischen Vertragsverlängerung gewesen ist. Klingt komisch, aber so ticken in München-Giesing nunmal die Uhren.
Mit welchem Trainer gehen die Löwen den nächsten Aufstiegs-Anlauf an?
Dass die Löwen Köllner entließen, ohne Geld für einen Nachfolger parat zu haben, war bereits ein erstaunlicher Vorgang, der im deutschen Profifußball wohl seinesgleichen sucht. Nachdem vier Wochen ins Land gezogen waren und in dieser Zeit zwei Zähler mehr auf das 1860-Punktekonto gewandert waren, präsentierte Sechzig 27 Tage nach der Köllner-Entlassung schließlich Maurizio Jacobacci als Nachfolger. Ein bis dato in Deutschland relativ unbekannter Italo-Schweizer, der eher der HAM-Seite zuzuordnen ist.
Nach knapp einem Monat unter dem neuen Mann ist festzuhalten: Es dauerte ein, zwei Wochen, ehe Jacobacci Zugang zu einer völlig verunsicherten Mannschaft fand, diese wieder aufrichten konnte. In den jüngsten drei Duellen sammelte 1860 fünf Punkte, überzeugte zudem mit einer gänzlich anderen Körpersprache sowie Einstellung auf dem Platz. Die Tendenz geht in die richtige Richtung, Sechzig präsentiert sich zehn Spieltage vor dem Ende endlich wieder wie eine Einheit auf dem Platz.
Logisch, dass die Löwen nach vier Spielen unter Jacobacci ihn nicht Hals über Kopf mit einem Dreijahres-Vertrag ausstatten werden. Andererseits muss die Planung für die kommende Saison auch die Meinung des Trainers beinhalten, der Sechzig 2023/2024 coacht – alles andere wäre sinnfrei. Natürlich wäre auch die Frage zu klären, ob sich Jacobacci selbst überhaupt ein längerfristiges Engagement an der Grünwalder Straße 114 vorstellen kann. Der 60-Jährige wird nach einigen Wochen bereits gemerkt haben, dass in München-Giesing der Umgangston mitunter rauer werden kann. Ob er sich darauf einlässt?
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Mit welchen Perspektiven lockt der Löwe seine Dauerkarten-Inhaber?
11.860 Löwenfans sicherten sich vor der Saison eine Dauerkarte für das Grünwalder Stadion – Rekord. Weiter nach oben kann 1860 mit dieser Zahl auch nicht mehr gehen, die Giesinger Kultstätte ist bekanntermaßen auf 15.000 Plätze limitiert. Zuletzt blieben immer mehr Sitzplätze im Stadion leer, da Dauerkarteninhaber dem Spiel fernblieben. Die Fans möchten sehen, dass es im Verein einen klaren Plan gibt, die Löwen wieder nach oben zu führen. Jahrelanger Drittliga-Fußball ist nicht gerade anziehend – zumindest für die allermeisten Stadion-Gänger. Sollte es 1860 in den kommenden Wochen und Monaten nicht gelingen, die Zukunft in geregelte Bahnen zu lenken, dürfte die Zahl von 11.860 verkauften Dauerkarten kaum zu halten sein. Eine logische Konsequenz. Sechzig sollte nie vergessen: Die treuen und leidensfähigen Löwenfans sind das große Faustpfand des Klubs. In der Dritten Liga mehr denn je.
Hälfte des Kaders ist ohne gültigen Vertrag für die kommende Saison
Nicht weniger als 14 (!) Spielerverträge laufen bei den Löwen im Sommer aus. Vorzeitige Verlängerungen? Fehlanzeige bislang! Um eine Perspektive für die kommende Saison zu haben, muss dringend an Vertragsunterzeichnungen mit mehreren Stammspielern gearbeitet werden. Akteure wie Yannick Deichmann oder Jo Boyamba im Sommer ablösefrei zu verlieren, wäre eine sportliche Katastrophe für Sechzig. Und wie geht es mit Mittelfeld-Talent Marius Wörl weiter? Der 18-Jährige kickt derzeit für ein besseres Taschengeld bei den Löwen, längst sind höherklassige Vereine auf den U19-Nationalspieler aufmerksam geworden. Handelt 1860 in dieser Personalie nicht bald, verliert der Klub eines der vielversprechendsten Talente der letzten Jahre. Auch neben diesen drei genannten Spielern gibt es zahlreiche Personalien zu klären, wie beispielsweise Stürmer Marcel Bär. HIER geht´s zur großen Übersicht.