Falscher Zeitpunkt
- VON OLIVER GRISS
- 12.09.2024 15:35
- 106 Kommentare
VON OLIVER GRISS
Um eines vorauszuschicken: An Marco Hiller lag es in den vergangenen Jahren nicht, dass der TSV 1860 München nicht aufgestiegen ist. Der Torwart gehörte Jahr für Jahr zu den wenigen Konstanten beim Drittliga-Dino. Jedoch hat er eine große Schwäche: Während er auf der Linie und im Eins-gegen-Eins überdurchschnittlich gut ist für die Dritte Liga, hat er Defizite in der Spieleröffnung und auch bei Flankenbällen - immer wieder kosteten solche Szenen teilweise auch Punkte. Auch Hillers Körpersprache könnte wesentlich besser sein.Und so entschied sich die sportliche Kommandobrücke im Sommer einen neuen Weg zu gehen, nachdem David Richter nach Osnabrück geflüchtet war - den Weg mit Torwart-Routinier Rene Vollath. Man kann darüber streiten, ob ein 34-Jähriger der Heilsbringer für die Zukunft ist. Jedoch fehlt dieser Mannschaft neben Persönlichkeit auch Sicherheit bei Flanken und eine bessere Spieleröffnung - und genau deswegen hat Geschäftsführer Dr. Christian Werner für den Ex-Hachinger Vollath 100.000 Euro Ablöse auf den Tisch gelegt.
Nachdem Vollath beim 2:1 in Ingolstadt einer der Sieggaranten war, sorgte 1860 in dieser Woche selbst dafür, dass der Torwart-Zweikampf in der Öffentlichkeit weiter schwelt. Die Pressestelle servierte Hiller auf dem Tablett, damit der Aufstiegsheld von 2018 einerseits sagen konnte, wie 1860 die Wende geschafft hat, aber andererseits auch über sein eigenes Wohlbefinden sprechen kann. Klar, ihm schmeckt die Reservistenrolle bei 1860 München nicht - und das ist menschlich: “Ich habe nicht den Anspruch, in der Dritten Liga auf der Bank zu sitzen. Man muss schauen, was die Zukunft bringt.” Er sagt, dass er kein “Miesepeter” sein will, dennoch ist der Zeitpunkt seinen Äußerungen nicht besonders glücklich und vorausschauend gewählt. Zumal 1860 weiter ein fragiles Gebilde ist - ein kurzer Blick auf die Drittliga-Tabelle reicht: Platz 18. Ein Rückschlag jetzt gegen Dynamo Dresden könnte alles wieder in Frage stellen. Auch die selbst gewählte Torwart-Konstellation - und das will vermutlich auch nicht Geschäftsführer Dr. Werner, der nach dem Mueller-Aus die Leitung an der Grünwalder Straße 114 übernommen hat und noch mehr Gespür für den Verein entwickeln muss. Das fehlende Fingerspitzengefühl ist eines der größten Probleme in einem Klub, der partout nicht zur Ruhe kommen will.
Und zu Hiller. Er hat es selbst in der Hand, sich weiter zu verbessern und Vollath den Kampf anzusagen. Aber nicht mit Worten, sondern allein mit Taten - und mit noch mehr Training und Selbstreflexion. Und zur Info: Erbhöfe gibt es im Fußball nur selten, erst recht nicht auf diesem überschaubaren Niveau wie bei 1860 München. Bei den Löwen saßen früher auch mal Weltmeister wie Thomas Häßler oder WM-Torschützenkönig Davor Suker draußen. Richtig, das war eine andere und bessere Zeit - und genau deswegen sollte sich auch Hiller hinterfragen, ob er wirklich auf Topniveau seinem Beruf nachgeht.
Zwischen 00:00 Uhr und 06:00 Uhr können keine Kommentare verfasst werden!