VON OLIVER GRISS

Sie kennen das bestimmt auch: Man steht am Morgen mit dem falschen Fuß auf - und nichts gelingt. So oder so ähnlich müssen sich die Drittliga-Fußballer des TSV 1860 während des völlig verkorksten Samstagnachmittags in Elversberg gefühlt haben: 1:4 verloren! Eine Packung - und das auch noch gegen einen Aufsteiger, der keine Übermannschaft hat! Na Habidiehre…

Es gibt bei allem (teilweise) berechtigten Schiedsrichter-Frust allerdings auch gute Gründe für die erste Löwen-Pleite in der Spielzeit 22/23, die sich auch auf das Tabellenbild der Dritten Liga auswirkt: Die Köllner-Elf, die zuletzt so viel Freude rund um die Grünwalder Straße versprühte, hat Platz 1 erstmal verloren, muss jetzt ihrem Bezwinger den Platz an der Sonne überlassen. Prinzipiell kein Beinbruch, richtig. Es war ein Weckruf - zur rechten Zeit.

Fangen wir aber von vorne an - mit der Vorbereitung auf dieses Mehr-geht-nicht-Topspiel: Die Löwen hatten am Freitag eine äußerst beschwerliche Anreise ins 424 Kilometer entfernte Saarbrücken. Mehr als neun Stunden saßen Lex & Co. im Bus. Das macht die Beine natürlich nicht frischer. Dass man trotz des zu erwarteten Ferienverkehrs dieses Fortbewegungsmittel gewählt hat, ist natürlich selbstverschuldet.

Ergo: Billig kommt meist teuer zu stehen. Warum nicht wieder bequem mit der Bahn anreisen? Nichts geht über einen entspannten Trip zum Zielort. Darüber sollte sich die Geschäftsführung, die für die Verwaltung der Gelder verantwortlich ist, in der selbst ausgerufenen Aufstiegssaison durchaus Gedanken machen. Kurzum: Mit Sparen am falschen Fleck gewinnt man rein gar nichts. Diese Thematik ist zwar nur ein Mosaiksteinchen, aber auch ein nicht zu unterschätzendes. Übrigens: Die Anreise zum Auswärtsspiel in Köln (1:1) soll ähnlich strapaziös verlaufen sein.

Jetzt kommen wir aber zum Sport: Der bisherige Spitzenreiter lief gegen den angriffslustigen Aufsteiger mit schweren Beinen ins offene Messer und konnte dem kurzfristigen und schlauen Taktikwechsel der Hausherren (von Vierer- auf Dreierkette umgestellt) wenig entgegensetzen, beziehungsweise war mit dem versierten Kniff komplett überfordert. Die Elversberger überbrückten schnell, zielstrebig und schnörkellos das Mittelfeld, um in den Strafraum der Löwen vorzudringen - und so war es kein Wunder, dass die Saarländer reihenweise zu Torchancen kamen. Die Schaltzentrale der Löwen wurde mit einem einfachen Bauerntrick von SVE-Trainer Horst Steffen außer Gefecht geschaltet - und auch die beiden Außenverteidiger Fabian Greilinger und Christopher Lannert bewiesen an diesem Tag nicht, dass sie zurecht in der Startelf des Aufstiegskandidaten stehen. Ergo: Wenn’s schnell wird, dann wird 1860 meist vor unlösebare Probleme gestellt. Siehe DFB-Pokal gegen Dortmund. Hier muss Trainer Michael Köllner in den nächsten Tagen die Hebel ansetzen.

Und was in dieser Partie wiederholt aufgefallen ist - und das hätte man bis zum 1. September durchaus korrigieren können: Nichts gegen den hochtalentierten Angreifer Fynn Lakenmacher und die Breite für die Mittelfeldpositionen, aber Top-Torjäger Marcel Bär (Reha nach Fuß-OP) ist einfach nicht zu ersetzen. Man kann den Löwen nur wünschen, dass das Sturm-Vakuum in den weiteren Spitzenspielen bis zur WM-Pause kaschiert werden kann, um die mit dem Top-Saisonstart erarbeitete Ausgangsposition aufrecht zu erhalten.