VON OLIVER GRISS, CATHRIN MÜLLER (MIS) UND ULI WAGNER (FOTO)

Es war ein Comeback, das so nicht erwarten war. Beim TSV 1860 stand Quirin Moll (29) im Sommer trotz Vertrags bis 2021 schon vor dem Aus - bis seine Karriere eine überraschende Richtungsänderung einschlug. Wir haben uns mit dem vom Mittelfeldstrategen zum Abwehrspieler umfunktionierten Löwen-Profi vor der Saison-Heimpremiere gegen Magdeburg (Samstag, 14 Uhr, db24-Ticker) unterhalten. Das db24-Interview im Löwenstüberl:

db24: Herr Moll, würde es ein Wohlfühl-Tabelle mit einem Ranking von 1 bis 10 geben, in welchem Bereich liegen Sie im Moment?

QUIRIN MOLL: Wer weiß, wo ich hergekommen bin, kann sich vorstellen, dass ich ziemlich weit oben liege (lacht). Ich habe eine lange Leidenszeit hinter mir. Kreuzbandriss und dann der lange Kampf zurück. Das war eine Extremsituation für mich. Ich bin ja vor zwei Jahren zu 1860 gewechselt, um was zu bewegen. Es hat dann gedauert, bis ich zu meinen Spielzeiten gekommen bin…

db24: Damit es überhaupt zu diesem Happyend gekommen ist, mussten Sie erst umschulen und Ihre alte Position im zentralen Mittelfeld aufgeben. Wie haben Sie reagiert, als Ihnen Trainer Michael Köllner seinen überraschenden Plan eröffnet hat?

In den ersten Trainingseinheiten nach unserem Gespräch habe ich versucht, mich erst einmal einzufinden. Ich hatte diese Position ja zuvor noch nicht gespielt. Ich hatte mit dem Trainer wirklich sehr gute Gespräche - das kann ich bestätigen. Ich bin ihm auch dankbar, weil es Trainer gibt, da wirst du aufgrund der Vorgeschichte komplett außen vor gelassen. Er hat mir eine Chance auf einer anderen Position gegeben. Natürlich hätte ich mir gern, wie ich als Sechser gewohnt war, ein paar offensive Spielanteile mehr gewünscht. Ich habe aber schnell versucht, mich mit dieser neuen Rolle anzufreunden. Meine Art ist, mit allem professionell umzugehen - und dann habe ich schnell gesehen: Ja, das passt ganz gut. Und mit ein paar Standards kann man sich vorne ja auch einbinden (lacht)…

db24: So wie am vergangenen Samstag, als Sie mit ihrem zwischenzweitlichen 2:1 in Meppen das Spiel wieder auf die Seite von 1860 drehten. Wenn Sie sich selbst beurteilen müssten, wie würden Sie Ihre Rolle definieren?

Ich bin kein 1,95-Meter-Abwehrhüne, der mehr Kopfbälle raushaut, als den Ball am Fuß zu haben. Ich sehe mich als spielerischer Innenverteidiger, der das Spiel von hinten gestalten will. Ich denke, das habe ich ganz gut angenommen. Über die Spiele ab der Vorbereitung ist die Sicherheit dazu gekommen. Das freut mich auch - das passt zu unserem Spiel, weil ich als Sechser auch hoch verteidigt habe und jetzt auch schnell rausschieben muss.

db24: Mit einer Körpergröße von 1,83 Meter haben Sie jetzt nicht unbedingt das Gardemaß für einen Drittliga-Verteidiger. Ist das altbewährte Kopfballpendel für Sie ein Thema?

(lacht): Ich glaube, wir haben da hinten am Trainingsgelände eins. Ich habe tatsächlich schon in der Vorbereitung, unabhängig von der Position, darüber nachgedacht. Ich arbeite an meiner Sprungkraft, Woche für Woche - das hat man auch in den Tests gesehen, dass die ganz gut ist, aber ich habe mir Gedanken gemacht, solche Situationen zu simulieren und mir zwei Jungs zu holen, die die Bälle reinflanken und ich die Dinger rausköpfe. Egal, welches Alter man hat, ich analysiere auch jedes Spiel hinterher selbst daheim, um zu sehen, was ich besser machen kann.

db24: Überhaupt sind Sie bekannt dafür, dass sie neben dem täglichen Training auch noch Extraschichten einschieben. In der Sommerpause wurden Sie im Olympiastadion mit Ihrem alten Kumpel Andreas Voglsammer (Bielefeld) beim Treppenlaufen gesichtet.

(lacht): Ja, wir pushen uns gegenseitig. Wenn wir miteinander trainieren, will einer immer noch einen draufsetzen. Da gibt’s kein Auslassen. Das tut uns immer gut.

61902.JPG

db24: Was seit Wochen bei den Löwen ins Auge sticht: Ja, da steht eine Mannschaft auf dem Platz, die auch ihren Namen verdient. Exemplarisch dazu der Jubel nach dem 3:1-Siegtor von Sascha Mölders in Meppen…

Ich kann das nur so bestätigen. Unsere größte Stärke ist die Mannschaft, die Geschlossenheit und der Teamgeist. Das ist dem Trainer auch sehr wichtig. Er vermittelt uns das. Wir versuchen das bestmöglich auszuführen. Ich kann nur sagen, dass wir nur coole Typen in der Mannschaft haben, die aber auch wissen, wenn’s zur Sache geht, was gefordert ist. So ein Jubel wie in Meppen gehört dazu - und das passt dann natürlich auch ins Bild. Die Mischung macht’s bei uns. Wir haben erfahrene Spieler mit einer guten Mentalität und Talente, die Frische reinbringen und auch lernfreudig sind.

db24: Was ist drin in dieser Saison?

Ich würde sagen, dass wir ganz gut fahren mit dieser positiven Entwicklung und der Harmonie. Wir müssen diesen Weg weitergehen und wachsen. Wir haben auf jeden Fall die Möglichkeit, vorne mitzuspielen. Unser Anspruch sollte sein, dass wir vor allem am Anfang von Spiel zu Spiel gucken - und natürlich wollen wir auch jedes Spiel gewinnen. Ein guter Start ist auch eine Bestätigung deiner Arbeit, du verschaffst dir nach und nach Respekt und dein Selbstvertrauen wächst - das ist klar. Ich will mit der Mannschaft das Maximale rausholen.

61273.jpg

db24: Wie schwer wird’s gegen Magdeburg?

Ich erwarte ein zweikampfbetontes Spiel. Die Magdeburger werden vermutlich nicht viel Fußball spielen, sondern sie werden versuchen, über die robuste Art und lange Bälle uns den Schneid abzukaufen. Wir dürfen uns aber davon nicht beeindrucken lassen, sondern müssen unser Spiel durchziehen.

db24: Michael Köllner überzeugt beim TSV 1860 mit seiner unaufgeregten Art. Wie würden Sie ihn beschreiben?

Michael Köllner ist ein sehr akribischer Trainer, der sehr detalliert arbeitet. Er lebt und liebt den Fußball - das will er uns natürlich auch einimpfen.

**db24: Gewähren Sie uns mal einen Einblick ins Innenleben von Sascha Mölders: Er ist nicht nur Ihr Teamkollege, sondern auch Spezi und sogar Zimmerpartner bei den Auswärtsspielen. Was macht ihn aus?

Ich find’s geil und mich freut’s brutal, wie Sascha Tag für Tag an sich arbeitet - auch körperlich. Seine Mentalität und Qualität sprechen einfach für sich. Wie er auf dem Platz vorangeht und zeigt, dass das Alter im Fußball keine Rolle spielt, sondern es gilt: Gut oder schlecht. Das sieht man bei Sascha, aber auch bei Zlatan Ibrahimovic. Ich find’s schade, dass so Typen wie Sascha im Fußball immer weniger werden. Er ist ein richtiger Krieger. Er will immer was bewegen.