VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (FOTO)

Irgendwie erinnerte dieser 4:1-Triumph gegen Eintracht Braunschweig an ein Löwen-Spiel in den 90er Jahren im mit 29.000 Besuchern ausverkauftem Grünwalder Stadion - an das legendäre 4:1 vom 25. September 1993 gegen den VfL Bochum, als die Blauen gegen den Favoriten aus dem Ruhrpott groß aufdrehten. Es war eine Initialzündung für den späteren Bundesliga-Aufsteiger. Damals traf Bernhard Winkler doppelt, dazu trugen sich Armin Störzenhofecker und Peter Pacult in die Torschützenliste ein. Ein unvergessener Löwen-Auftritt.

Auch dieses Mal lagen sich die Fans in den Armen, weil ihre Löwen für Drittliga-Verhältnisse teilweise herzerfrischenden Fußball zelebrierten. Der erste Heimsieg von Trainer Michael Köllner war am Ende die beste Saisonleistung. Die db24-Analyse:

Das Spiel: 1860 agierte in einem 4-3-1-2-System (mit Stefan Lex auf der Zehn) - und brannte in dieser taktischen Formation ein wahres Chancen-Feuerwerk ab. Mehr als zehn tolle Chancen kreierte die Köllner-Elf - das war wirklich zum Zungeschnalzen. Allerdings muss man auch zugeben, die Braunschweiger Truppe schien die teuren Last-Minute-Verpflichtungen Mev Biankadi (Heidenheim) und Marvin Pourie (KSC) eher zu hemmen als zu beflügeln. Da gibt’s noch viel Arbeit für Trainer Marco Antwerpen. 1860 konnte es recht sein, die Gäste zu diesem Zeitpunkt als Gegner zu haben.

Die Tore: Die frühe Führung gab den Löwen Sicherheit: Phillipp Steinhart flankte ohne Gegenwehr, Efkan Bekiroglu sprang mit aller Vehemenz in den Ball und köpfte ihn aus sieben Metern abgefälscht ins Tor - 1:0 (7.). Der zweite Streich der Blauen folgte, als sich Dennis Dressel aus 18 Metern ein Herz fasste und abzog - der Ball landete im Torwarteck. Egal, 2:0 (21.). Doch die Gäste kamen zurück: Wiebe bediente Bär - nur noch 1:2 (29.). Hier präsentierte sich die Abwehr unsortiert. Ausgangspunkt für den dritten Löwen-Treffer war wieder Steinhart, der Stefan Lex einsetzte. Der Ex-Ingolstädter spielte gekonnt weiter - Sascha Mölders ließ sich nicht zweimal bitten und erhöhte auf 3:1 (67.). Den Schlusspunkt setzte erneut Mölders, als er nach einem Lex-Querpass den Ball zum 4:1 (79.) ins Netz hämmerte.

Das war gut: Die Mannschaft ist durch die Tage im Trainingslager in La Manga noch enger zusammengerückt - der Spruch “Einer für alle, alle für einen!” trifft auf 1860 zu. Die Mannschaft hat sich Großes vorgenommen - das sieht man auf dem Platz deutlich. Unverwüstlich scheint der 34-jährige Sascha Mölders zu sein. Mit seinen Saisontreffern 10 und 11 schafft er sich eine überragende Ausgangsposition für die anstehenden Vertragsverhandlungen. Zudem ist Aaron Berzel als Innenverteidiger inzwischen eine Bank. Er gewinnt fast jeden Zweikampf - ob in der Luft oder am Boden.

Das muss besser werden: Wenn der Gegner schnell umschaltet, muss das Mittelfeld noch aufmerksamer gegen den Ball arbeiten. Außerdem war die Chancenverwertung mangelhaft - in anderen Spielen könnte sich das rächen.

Der Aufreger: Nach einer Stunde hätte Löwen-Torwart Marco Hiller eigentlich vom Platz fliegen müssen, als er außerhalb des Strafraums den Ball gegen Ex-Löwe Pourie mit den Fingern klärt. Zum Glück übersah Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck diese Situation - wer weiß, wie die Partie ausgegangen, wenn 1860 beim Stand von 2:1 plötzlich in Unterzahl auf dem Platz gestanden wäre.

Das sagt Trainer Michael Köllner: “Wir hatten viel Ballbesitz, haben das Spiel gleich in die Hand genommen. Das war auch unser Plan. Mit dem 1:0 haben wir uns früh belohnt.”

Das sagen die Gäste: “Jetzt heißt es für uns, in der Woche gut arbeiten, vor allem an der Defensive. Dort haben wir einige Defizite aufgezeigt bekommen.” Eintracht-Trainer Marco Antwerpen.

Die Fans: Mit Ausnahme des Anti-Ismaik-Plakats in der Westkurve (durchgestrichener Kopf) sorgten die Löwen-Anhänger für ein echtes Aha-Erlebnis. Weiter so!

Die Aussicht: Die Löwen bleiben weiter auf Tuchfühlung zu Platz 3 - am Sonntag geht’s nach Zwickau, dann kommt der SV Waldhof. Bleibt 1860 in den nächsten zwei Spielen unbesiegt, werden die Aufstiegsträume nicht kleiner. Wie lange wird Trainer Köllner vom Ziel “Nichtabstieg” sprechen?