VON OLIVER GRISS

“Ohne Biero wärn wir gar nicht hier”, skandierten die Löwen-Fans bei der rauschenden Party nach dem 1:0-Triumph im Derby über die SpVgg Unterhaching in der Westkurve, als Trainer Daniel Bierofka auf den Zaun stieg. Für ihn selbst bleibt das eine einmalige Aktion, denn er muss sich keinem beweisen, erst recht nicht beim TSV 1860.

Der Zaunkönig geht seinen Weg mit den Löwen. Er lässt sich von keiner Seite einspannen. Für ihn zählt nur der Sport und erfolgreiche Löwen. Die Mannschaft hat von den letzten fünf Spielen allein vier gewonnen, die Momentaufnahme: Platz 5 und damit sind die Sechziger aktuell nicht nur beste bayerische Drittliga-Mannschaft, sondern auch bester Aufsteiger. Viele Spieler entwickeln sich nach vorne, exemplarisch für die intensive Arbeit steht Kapitän Felix Weber. Hatte man dem Abwehrspieler im Herbst noch die Drittliga-Tauglichkeit abgesprochen, hat der Ohlstädter einen nicht für möglich gehaltenen Qualitätssprung vollzogen. Und Bierofka spricht aber auch mal unbequeme Dinge an, um den Fans die Augen zu öffnen: “Wir sind momentan handlungsunfähig.” Heißt im Klartext: Die Mannschaft wird zum Saisonende vermutlich einige Abgänge verzeichnen müssen (u.a. Simon Lorenz, Prince Owusu) und sie kann im Gegenzug nicht verstärkt werden. Die Löwen befinden sich in einem Dilemma.

Dass Bierofka die Löwen innerhalb kürzester Zeit wieder salonfähig gemacht hat, ist nicht hoch genug zu bewerten, zumal die Doppelbelastung zwischen Giesing und Hennef in den letzten zehn Monaten fast unmenschlich war. Aber Bierofka hat auch diese Hürde - wie fast alles in seinem Sportlerleben - mit der Hilfe seines Trainerteams und Familie gemeistert. Er ist bei 1860 das Zünglein an der Waage, der Taktgeber. Nicht das Präsidium Reisinger, nicht Investor Hasan Ismaik. Bierofka ist ein Geschenk für den Verein - und dieses Geschenk gehört jeden Tag gehegt und gepflegt, bevor andere Vereine ihn mit viel Geld abwerben. Von beiden Seiten. Auf einen Zukunftsplan der Bosse mit dem A-Wort wartet Bierofka jedoch bis heute vergeblich.