VON OLIVER GRISS

Zugegeben, ich war skeptisch, als ich im vergangenen Winter hörte, dass Günther Gorenzel neuer Sportchef des TSV 1860 werden soll. Meine Gründe? Er war schon zweimal in anderen Positionen an der Grünwalder Straße 114 - und jetzt ein drittes Mal? Na gut, habe ich mir gesagt: Obwohl ich die ehemaligen Sportdirektoren Miki Stevic und Oliver Kreuzer sehr schätze, hat sich Gorenzel nach anfänglichem Fremdeln mit dem Verein inzwischen zum besten Sportchef seit dem bereits verstorbenen Edgar Geenen entwickelt.

Gorenzel, der seinen Fußballlehrer mit der Traumnote von 1,0 ablegte, verfügt nicht nur über eine hohe Fachkompetenz (er spricht mit Trainer Daniel Bierofka u.a. über die Weiterentwicklung und Trends im Fußball), sondern hat inzwischen auch das richtige Gespür für einen der schwierigsten und chaotischsten Fußballklubs in Deutschland. Nebenbei coacht er die Löwen, wenn Bierofka in Hennef die Schulbank drückt. Gorenzel ist die blaue Allzweckwaffe.

Der Österreicher ist kein Blender wie Gerhard Poschner oder Thomas Eichin, sondern ein akribischer Arbeiter, der viel Wert auf die Inhalte legt. Auch rhetorisch bringt er die Löwen deutlich nach vorne: Gorenzel weiß stets, wovon er spricht. Das Zusammenspiel zwischen Sportchef Gorenzel und Cheftrainer Bierofka klappt wunderbar. Die Transferpolitik im Sommer ist mit einer “guten Zwei” zu bewerten. Möglicherweise hat der einstige Trainer Gorenzel jetzt selbst endlich seinen Traumberuf gefunden…

Kurios: Ausgerechnet Hasan Ismaik, der Gorenzel im Winter noch ablehnte, um Franz Gerber zu verpflichten, machte den Vorschlag, den Sportchef zum 1860-Geschäftsführer Sport zu berufen. Was zeigt, dass der Jordanier nicht nur gute Arbeit honoriert, sondern er selbst auch lernfähig ist. Seit VW-Aufsichtsrat Saki Stimoniaris für Ismaik die Geschäfte mit abwickelt, wirkt Ismaik viel entspannter.

Bewundernswert ist bei dieser Personalie auch, dass die e.V.-Seite nicht wie ein bockiges Kind den Ismaik-Vorschlag ablehnte, sondern die Gorenzel-Beförderung begrüßt. Kontinuität zahlt sich in den meisten Fällen aus. Mit Bierofka und Gorenzel ist ein Anfang gemacht.

Wenn beide Seiten so weitermachen, könnte es doch noch zu einem Giesinger Happyend kommen.