VON OLIVER GRISS

Für die einen, die den TSV 1860 nur noch als regionalen Stadtteilverein sehen wollen, war die ARD-Reportage “Nie mehr erste Liga?” Dienstagnacht tendenziös und schlecht recherchiert, für die anderen: Die nackte, traurige Wahrheit! Die 1860-Veteranen Franz Hell, Roman Wöll und Fritz Fehling, die ihren Löwen-Kosmos nicht nur auf ein Stadion beschränken, sondern Spitzenfußball sehen wollen, teilen in der Dokumentation ihre Angst, dass sich der Klub längerfristig - wie seinerzeit nach dem Zwangsabstieg 1982 - im Amateurfußball einnistet. Damals waren es zehn Jahre Bayernliga-Tristesse. Zeit, die einerseits schöne Momente hatte, aber auch viel, viel Leid. Kein Wunder, dass Allesfahrer Fritz Fehling, der Leeds, Parma oder Wien gesehen hat, mit einem Schuss Ironie sagt: “Es ist jammerschade, wo wir überall waren. Jetzt fahren wir nach Garching, Unterföhring, Eichstätt und Ostfriedhof - was weiß ich, wo wir hinfahren…”

Die Zeit läuft dem Trio, das damals noch dem großen Radi, Heiß oder Brunnenmeier bei der Meisterschaft 1966 zugejubelt haben, davon. Hell: “Ehrlicher Fußball - hin oder her. Man geht zum Fußball, weil man erfolgreichen Fußball sehen und gewinnen will. Klar kann man das auch in der 4. Liga mit einer jungen Mannschaft. Auf lange Sicht wird man sich mit Investor Ismaik arrangieren müssen oder wenn er seine Anteile verkauft, mit einem anderen Investor.” Der Jordanier will aber nicht verkaufen.

Hell ist bewusst, dass es ohne Fremdkapital bei einem Großklub wie 1860 nicht funktioniert. Sein Fanleben geht übrigens sogar so weit, dass er sich vor mehr als 20 Jahren wegen 1860 von seiner Frau getrennt hat: “Ich war jahrelang verheiratet und habe, das muss ich auch sagen, nicht zuletzt wegen 1860 meine Ehe dann irgendwann aufgegeben.”

Auch Robert Reisinger kommt in der Reportage kurz zu Wort. Der Cassalette-Nachfolger, der vorher im Kontrollgremium des Klubs saß, analysiert den Absturz in die Regionalliga so: “Sportlich und wirtschaftlich sind Sachen zusammengekommen oder die Verkettung unglücklichster Umstände haben uns dahin geführt, wo wir jetzt geendet haben.” Angesprochen auf Ismaik sagte der Löwen-Boss: “Wir sind in konstruktiven Gesprächen - dabei wollen wir es jetzt auch belassen.”

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