VON OLIVER GRISS

Wer beim TSV 1860 einen Vertrag als Cheftrainer unterschreibt, signiert auch immer die imaginäre “Klausel zum Fliegen”: Der Trainersessel an der Grünwalder Straße ist DER heißeste Schleudersitz im deutschen Fußball: Nirgendwo ist die Haltbarkeitsdauer kürzer als Trainer. Dass nun Torsten Fröhling nach nur 231 Tagen im Amt und nur sechs Siegen gehen musste, ist menschlich zwar enttäuschend, aber auch nicht wirklich überraschend, denn der TSV 1860 hat wirklich alles dafür getan, dass es eine turbulente Saison wird.

Das Kuriose: Ausgerechnet der Investor hat einen großen Anteil am Chaos: Der Mann, der 1860 finanziell gerettet hat, aber weiterhin nicht erkennen lässt, dass er Münchens große Liebe verstanden hat. Nach dem Relegations-Hype gegen Kiel hat Hasan Ismaik in einem SZ-Interview Fröhling die Reife (“Wir brauchen einen stärkeren Trainer”) abgesprochen und damit seinen Trainer schwer beschädigt, dann hat er mit der unsäglichen Probezeit für Gerhard Poschner dafür gesorgt, dass sich 1860 endgültig lächerlich macht. Und investiert wurde - trotz großer Ankündigungen - freilich wieder nicht in die schwächelnde Mannschaft. Die Quittung: Sieglos auf Platz 17 in der Zweiten Liga - und das nach bereits zehn Spieltagen. Ein trauriger, beschämender Rekord.

Auch wenn Fröhling bei 1860 nicht fehlerlos war, ist er beim Altmeister von 1966 nur das nächste Bauernopfer. Deswegen kann der sympathische Mecklenburger auch erhobenen Hauptes abtreten. Die Probleme liegen aber nicht bei Fröhling, sondern tiefer: Die Sport-Kompetenz an der Grünwalder Straße ist NICHT zweitliga-tauglich, was allein an den vielen, teilweise sinnlosen Transfers, aber auch an einigen fragwürdigen anderen Personal-Entscheidungen  (u.a. Scouting) in den letzten Jahren abzulesen ist. Starke, charakterstarke Leute bei 1860? Nicht wirklich erwünscht! Dass Felix Magath, nachweislich einer der besten der Trainer-Branche, abgelehnt wurde, zeigt den fehlenden Weitblick. Der Löwe - und sein Fehler im System.

Immerhin: Mit der Verpflichtung von Benno Möhlmann (61) versuchen die Verantwortlichen nicht nur den Klub, sondern auch sich selbst zu retten. Der Ex-Bundesliga-Profi ist eine vernünftige Lösung. Möhlmann, vierter Löwen-Trainer innerhalb von 16 Monaten, steht für Arbeit und Fleiß - und große Erfahrung im deutschen Fußball. Möhlmann ist ein Kind der Bundesliga: 1080 Spiele als Spieler und Trainer in der 1. und 2. Liga - nur Otto Rehhagel (1088) und Friedhelm Funkel (1156) haben mehr Einsätze. Ein Dino für Zweitliga-Dino 1860 - es gibt wirklich schlechtere Konstellationen…
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