VON OLIVER GRISS

Gerhard Poschner wurde im April 2014 verpflichtet, um den Umbruch beim TSV 1860 einzuläuten. Er träumte von einer Multi-Kulti-Truppe, von einem offensiven 4-3-3-System, von einer Funktionärskarriere im deutschen Fußball. Doch schon nach kürzester Zeit mussten die Macher beim TSV 1860 feststellen, dass Poschners Konzept nicht das richtige für den stolzen Arbeiterklub aus München-Giesing ist. Die Nachwehen seiner Arbeit sieht man bis heute - und zwar im negativen Sinne. Weil Poschner nach dem mehr als glücklichen Klassenerhalt wochenlang eine Vorwärtsentwicklung blockierte, steht der Löwe wieder im Keller der Zweiten Liga. Die Aufbruchstimmung, die nach dem Kiel-Highlight möglich war, ist inzwischen dem Frust gewichen.

Und doch traut sich der Ex-Profi kurioserweise aus der Deckung: Statt zu schweigen, rechnet Poschner in einem Sport1-Interview mit dem TSV 1860 ab, sucht die Schuld bei den anderen  - und das in einer Art und Weise, die nicht unbedingt für seinen Charakter spricht. Freilich ist nicht zu leugnen, dass er von den 1860-Führungskräften am Ende demontiert wurde, rechtfertig sein trotziges Nachtreten aber in keinster Weise. Dass Poschner seinen größten Förderer bei 1860, Noor Basha, in diesem Interview obendrein alt aussehen lässt, spricht für sich. Poschner behauptet außerdem, dass er bei den Löwen “nicht gescheitert” sei, sondern erst bewertet werden könne, wenn man drei oder vier Jahre Zeit bekäme. Seinem ersten Trainer, Ricardo Moniz, hat Poschner übrigens nach nur sieben Spieltagen das Vertrauen entzogen.

In Wirklichkeit ist Poschner bei 1860 kläglich gescheitert: Er lag nicht nur bei der Trainer-Auswahl (Moniz, von Ahlen) komplett daneben, sondern hat obendrein verpasst, eine Hierarchie aufzubauen. Außerdem hat er versäumt, hoffnungsvolle Jung-Talente wie Marius Wolf langfristig an den Verein zu binden. Dass der Großteil seiner Neuzugänge teure Flops waren und teilweise den Verein schon wieder verlassen haben (Sanchez, Angha, Rodri, Bedia, Annan), verschweigt Poschner bei seiner Analyse.

Realitätsverlust, Poschi?

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