VON ALEX AUGUSTIN

Jeder begeht Jahrestage anders. Der eine feiert sie mit Pauken und Trompeten, für den anderen sind sie einfach nur ein weiterer Zettel im Abreißkalender. Peter Cassalette tendiert wohl eher zu letzterer Auffassung. Heute ist der Löwen-Präsident auf den Tag ein Jahr in Amt und Würden - kein Grund für ein Staatsbankett, für eine Zwischenbilanz aber sehr wohl.

Hätte Cassalette seine bisherige Zeit als Oberlöwe im September bewerten müssen, er hätte sich wohl selbst Bestnoten verliehen. Im dieblaue24-Interview frohlockte er damals: “Es gibt nichts zu korrigieren. Wir haben alles im Griff. Es ist fast sensationell: Im Moment gibt es keine Probleme bei 1860.” Die Löwen standen nach einem soliden Saisonstart im gesicherten Mittelfeld der Zweitliga-Tabelle, dazu gab es kaum Zwischenrufe von außen und Hasan Ismaik gab sich ungewöhnlich wohlwollend, fast enthusiastisch. Peter Cassalette schien es tatsächlich gelungen zu sein, einen für seine oft slapstickartige Außenwirkung bekannte. Traditionsverein innerhalb kürzester Zeit in ruhigere Fahrwasser zu steuern.

Peter Cassalette feierte am Dienstag Einjähriges bei 1860: Wie beurteilen Sie seine Arbeit als Präsident?

Umfrage endete am 28.11.2016 18:00 Uhr
Ich bin mit seiner Amtszeit bisher zufrieden.
66% (2595)
Eher durchwachsen: Er hätte mehr aus seinen Möglichkeiten machen können.
18% (690)
Ich bin unzufrieden: Der Verein stagniert in der Spitze nachwievor.
16% (620)

Teilnehmer: 3905

An dem Gesamtbild hat sich in diesen zwei Monaten grundlegend wenig geändert, jedoch trüben die deutlich verschlechterte sportliche Situation (für die Cassalette allerdings wenig kann) und Diskussionen um etwaige Auflagen und Sanktionen der DFL Cassalettes Amtsjubiläum. Sollte es tatsächlich zu einem Punktabzug oder vergleichbaren Strafen gegen Sechzig kommen, würde dies sein erstes Präsidenten-Jahr in ein anderes Licht rücken.

Doch noch leuchtet ein warmes, angenehmes Licht über Cassalettes bisheriger Amtszeit, auch wenn er bisher nicht geschafft hat, die festgefahrene Situation mit den Ultras, den Stimmungsmachern im Verein, zu lösen. Diese stoßen sich neben der ungeklärten Stadionfrage genau an der eigentlich größten Errungenschaft Cassalettes: Er hat aber als erster Präsident seit dem Investment von Hasan Ismaik verstanden, wie man mit einem Geldgeber umgehen muss. Dass er für seine mittlerweile freundschaftliche Beziehung zu Ismaik von manchen Fans als “Verräter” verschrien wird, entbehrt nicht nur jeglicher Grundlage, sondern ist vor allem unfair. Dass sich Sechzig seinerzeit in die Abhängigkeit eines Geldgebers begeben hat, ist beileibe nicht Casalettes Schuld. Seine Aufgabe bestand von vornherein darin, aus dieser Situation das Beste zu machen, sich - im Gegensatz zu einigen seiner Vorgänger - um die Gunst Hasan Ismaiks zu bemühen. Diese Kernaufgabe hat er eindrucksvoll gemeistert. Hinter dem Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses zum Investor, der sich dadurch mehr für den Verein interessiert als je zuvor (zumindest nach außen hin), steckte natürlich auch wirtschaftliches Kalkül - doch das ist durchaus legitim. Cassalette ist es dadurch gelungen, Ismaik dazu zu bewegen mehr für den Verein zu tun, als nur die jährliche Liquiditätslücke zu füllen. Die Verpflichtung von Stefan Aigner im Sommer war der beste Beweis.

Zu Beginn seiner Amtszeit hatte Casselette gebetsmühlenartig wiederholt, dass nun unbedingt einmal Ruhe einkehren müsse bei Münchens großer Liebe. Mit seiner moderierenden und dennoch leidenschaftlichen Art hat er den Verein im vergangenen Jahr zumindest schon einmal auf den Weg zu mehr Seriösität geführt. Die beschworene Ruhe wird es bei Sechzig wohl eh nie geben - und das ist gut so. In diesem Sinne: Alles Gute zum Einjährigen, Peter Cassalette!

Alex Augustin ist Gast-Kommentator bei dieblaue24. Der 22-Jährige volontiert zurzeit bei der Passauer Neuen Presse. Der Niederbayer aus Viechtach ist Löwe seit frühester Kindheit, hat die Leidenschaft von seinem Vater geerbt.