VON ALEX AUGUSTIN

Die vergangene Woche war zweifelsohne eine gute für den TSV 1860. Dem Pokal-Krimi mit positivem Ausgang in Würzburg folgte wenig später ein durchaus annehmbares Achtelfinal-Los (Sportfreunde Lotte). Die Krönung am Freitag: der 6:2-Kantersieg gegen Aue.

Vor nicht allzu langer Zeit hätte der gemeine Löwen-Fan nach derart erfreulichen Tagen vor Euphorie kaum schlafen können oder seine dann seltene Nachtruhe mit Träumen vom Aufstieg und einer Pokalsensation verbracht. Heute ist das anders, zumal der Löwe in der Liga immer noch auf Platz 13 steht. Kosta Runjaic und Thomas Eichin haben mit ihrem Amtsantritt im Sommer bei den Löwen und vielen ihrer Anhänger das Zeitalter der Vernunft eingeläutet – und das war längst überfällig. Der TSV tut durchaus gut daran – entgegen seines Naturells – kleinere Brötchen zu backen. Wohin großspurige Ankündigungen und Träumereien im Stile eines Ricardo Moniz („Wir wollen Meister werden“) geführt haben, hat jeder Löwe noch schmerzlich in Erinnerung.

Dass Sportdirektor Eichin nach dem 6:2 gegen Erzgebirge Aue sogar „etwas angefressen“ war und sich über einige Dinge im Löwen-Spiel ärgerte, mutet angesichts des Ergebnisses zunächst komisch an, hat aber durchaus seine Berechtigung. Obwohl die Löwen offensiv die lange vermisste Effektivität zeigten und damit verdient siegten, hatte sie auch das Glück auf ihrer Seite. So sieht das Ergebnis am Ende zwar gut, ja fast schon traumhaft aus, birgt aber eine große Gefahr: die der Selbstüberschätzung. Beispiele aus den vergangenen Jahren zeigen, dass vermeintlich souveräne Siege oft nicht die erhoffte Erfolgs-Serie, sondern im Gegenteil eine sportliche Durststrecke nach sich zogen. Jüngster Fall: der 4:1-Auswärtssieg gegen Union Berlin am 14. Spieltag der Seuchen-Saison 2014/2015. Nach einem verkorksten Saisonstart stand Sechzig damals als Tabellen-14. erheblich unter Druck und wollte durch den Sieg die Wende einläuten – es folgten sieben sieglose Spiele am Stück. Ein 4:0-Heimsieg gegen Sandhausen in der Saison 12/13 war der Start einer vier Spiele dauernden Sieglos-Serie. Genauso lange mussten die Löwen 2011/2012 nach einem 4:0 gegen den FSV Frankfurt auf einen erneuten Erfolg warten.

Eichins Kritik hat also ihre Gründe. Ebenso wie er in den Wochen zuvor eine Trainerdiskussion vermieden hat, will er nun eine unbegründete Euphoriewelle umschiffen. Anstatt sich tagelang für einen Kantersieg selbst zu beweihräuchern und dadurch das Wesentliche aus den Augen zu verlieren, geht man heute schnellstmöglich wieder zur Tagesordnung über und demonstriert damit die neuen Qualitäten an der Grünwalder Straße: Kontinuität und Sachlichkeit. Das wird sich schon bald auszahlen.

Alex Augustin ist Gast-Kommentator bei dieblaue24. Der 22-Jährige volontiert zurzeit bei der Passauer Neuen Presse. Während seines Bachelorstudiums in Passau hat er bereits journalistische Erfahrungen bei Hospitanzen und freien Mitarbeiten beim Bayerischen Rundfunk, der Süddeutschen Zeitung und dem Straubinger Tagblatt gesammelt. Der Niederbayer aus Viechtach ist Löwe seit frühester Kindheit, hat die Leidenschaft von seinem Vater geerbt. Regelmäßig steht er in der Nordkurve und begleitet die Löwen auf Auswärtsfahrten, wenn Bugdet und Terminkalender es zulassen.