VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Michael Liendl ist der Löwe der letzten Wochen. Vom “Nichtbeachteten” in der Sommerpause ist der Österreicher inzwischen zum Taktgeber des TSV 1860 aufgestiegen - und das in einer Rolle, die eigentlich nie ein Thema für ihn war: Als Sechser. Doch Liendl interpretiert die neue Position anders: Er hat zwar zwischenzeitlich das Kämpfen gelernt, doch mit seiner Spielintelligenz löst der ehemalige Nationalspieler fast jedes Problem. Beim 2:2 zuletzt in St. Pauli hat er zudem auch wieder getroffen. Es war bereits sein dritter Saisontreffer. Damit ist Liendl der erfolgreichste 1860-Torschütze. Das Kurz-Interview mit Liendl:

dieblaue24: Beim 2:2 in St. Pauli haben Sie sich mit einem verwandelten Foulelfmeter zum zwischenzeitlichen 1:1 wieder in die Torschützenliste eingetragen: Herr Liendl, dürfen wir sie jetzt Torjäger nennen?

MICHAEL LIENDL (lacht): Es ist immer schön, wenn man trifft. Aber ich hätte lieber die erste Chance gemacht. Das hätte uns noch viel mehr geholfen, weil es direkt nach dem 0:1 war. Fürs Selbstvertrauen ist so ein Tor aber gut, natürlich. Aber wichtiger ist der mannschaftliche Erfolg.

Wie interpretieren Sie Ihre neue Rolle eigentlich?

Ich denke, dass ich das Spiel ganz gut lesen kann und dadurch ein gutes Spielverständnis habe. Deswegen habe ich mich relativ schnell auf die neue Position einstellen können. Ich fühle mich wohl auf dieser Position, weil ich viele Ballkontakte habe. Dadurch kommt die Sicherheit, in der ich mich aus Drucksituationen relativ gut befreien kann.

Klären Sie uns auf: Was ist der Unterschied zwischen der Mannschaft aus der Vorsaison und dem aktuellen Team?

Der größte Unterschied ist für mich die Stimmung innerhalb der Mannschaft. Natürlich haben wir Qualität dazu bekommen, darüber muss man nicht diskutieren. Aber wir sind auch als Team gewachsen. Es ist beeindruckend zu sehen, wie jeder mit dem anderen umgeht und was für ein Spass und welche Freude auf dem Platz und im Training ist. Da geht man gerne in die Arbeit. Das muss man klipp und klar sagen: Dieses Gefühl war in der letzten Saison nicht immer vorhanden. Der Spass ist ganz klar zurück.

Wer hat an den richtigen Ventilen gedreht?

(überlegt): Da gibt es viele Komponenten. Das Trainer-Team strahlt etwas Positives aus - aber auch die Mannschaft selbst sorgt dafür. Die Typen passen richtig gut zusammen, deswegen passt die Stimmung. Wir haben aber auch eine gute Vorbereitung gehabt, in der wir gesehen haben: Wir haben die Qualität auch Spiele zu gewinnen. Wenn du das Gefühl spürst, ist es auch mit der Stimmung einfacher. Für mich ist immer entscheidend: Wenn das Miteinander passt, dann kannst du auch erfolgreich sein.

Und trotzdem lässt man Punkte - wie jetzt beim 2:2 in St. Pauli - auf der Straße liegen…

Prinzipiell kann man mit dem Punkt leben. Mich ärgert es aber schon, dass wir in St. Pauli nur Unentschieden gespielt haben. Wir haben uns wieder zwei Eigentore geschossen. Das ist einfach Fakt. Auch schon gegen Union haben wir Tore fabriziert, die so einfach nicht passieren dürfen. Damit haben wir in zwei Spielen vier Gegentore bekommen. Wenn du eines bekommst, ist es ok - aber vier sind viel zu viel. Wir könnten vier, fünf Punkte mehr haben. Dennoch will ich herausheben: Wir sind immer wieder zurückgekommen. Daran sieht man, dass wir als Mannschaft nicht nur Moral und Charakter haben, sondern die Qualität haben, immer ein Tor zu schießen.

In der Allianz Arena wird gegen Hannover 96 der Platz wieder sehr schlecht sein - was kann man tun, damit man im wahrsten Sinne des Wortes nicht ausrutscht?

Das Schuhwerk wird nicht ganz unwichtig sein. Prinzipiell spiele ich gerne mit Noppenschuhen, aber das muss ich mir sehr gut überlegen. Bei diesen Platzbedingungen werden wir Dinge nicht nur spielerisch lösen können. Das muss uns bewusst sein. Aber ich bin guter Dinge, dass wir das gegen Hannover gut machen.