VON OLIVER GRISS

Mit dem Motto “50 years, lucky tears” feiert der TSV 1860 das 50-jährige Jubiläum von Wembley: Es wurden T-Shirts und Schals gedruckt - doch vielen Helden von einst hat dieser Marketingspruch alles andere als gefallen. Übersetzt heißt er: “50 Jahre, glückliche Tränen.” Doch glücklich waren Radi & Co. beileibe nicht: Sie haben einen großen Triumph verpasst. Wir haben mit Löwen-Legende Peter Grosser über diesen ganz besonderen Tag gesprochen. Dass der Verein die geplante Kino-Veranstaltung zum Europacup-Endspiel aufgrund der aktuellen angespannten Situation an der Grünwalder Straße abgesagt hat, findet Grosser “absolut richtig”.

dieblaue24: Herr Grosser, wissen Sie noch, was heute vor genau 50 Jahren war?

PETER GROSSER (76): Ja, freilich. Der 19. Mai 1965 war einer der schönsten Highlights meiner Fußballer-Karriere: Das Europacup-Finale mit 1860 in Wembley. Auch wenn wir 0:2 gegen West Ham verloren haben, aber dieses Erlebnis bleibt unvergessen. Wembley hatte damals - anders als heute - eine magische Anziehungskraft. Wir waren auch die erste deutsche Mannschaft, die in diesem Stadion spielen durfte. Und ich sage es immer wieder: Wenn das Finale auf neutralem Boden stattgefunden hätte, hätten wir den Pokal mit nach München genommen.

Trotz der Niederlage wurden die Löwen daheim in München gefeiert wie die Champions…

Als wir in München gelandet sind, haben sich unglaubliche Szenen abgespielt. Ich habe heute noch die Bilder im Kopf: Erst standen wir mit Zylindern auf der Gangway, Fotos wurden gemacht. Danach wurden wir mit einem Auto-Korso von Riem zum Marienplatz gefahren. Zehntausende Münchner haben uns an den Straßenrändern zugejubelt. Bilder, die unvergessen sind. Als “Prämie” haben wir übrigens damals 1500 Mark für das verlorene Finale bekommen.

Die Löwen waren in dieser Phase die beste deutsche Mannschaft: DFB-Pokal-Sieg 1964, Europacup-Finale 1965, Deutscher Meister 1966 und Vize-Meister 1967. Warum konnte sich der Löwe über all die Jahre nie richtig in der deutschen Beletage etablieren?

Um das zu erzählen, bräuchte man zwei Tage.  Die ganzen Erfolge von 1860 waren untrennbar mit Max Merkel verbunden. Er hat aus einer mittelmäßigen süddeutschen Mannschaft eine deutsche Top-Mannschaft gemacht. Doch das Zerwürfnis mit Merkel im Frühjahr 1966 war der Anfang vom Ende - wir sind dann trotz Merkel noch Deutscher Meister geworden. Danach ging es rapide bergab - und die Führung war nicht in der Lage, diesen Vorsprung gegenüber dem FC Bayern zu halten bzw. auszubauen. Während beim FC Bayern hochkompetente Leute wie Neudecker, Schwan oder Hoeneß arbeiteten, kam es bei Sechzig zu ständigen Personalrochaden.

Heute kämpft der TSV 1860 um den Klassenerhalt in der Zweiten Liga: Wie kann man sich diesen Absturz erklären?

Man wurstelt von einer Saison auf die andere - und wenn dann viele Fehler in einer Saison gemacht werden ,dann gibt es eine Saison wie diese. Ich wünsche mir natürlich, dass den Löwen in Karlsruhe ein Punkt reicht, um die Zweite Liga zu halten. Dabei müssen wir allerdings auch leider auf die Ergebnisse der Mitkonkurrenten hoffen.