VON OLIVER GRISS

Löwen-Boss spricht über Heuschrecken, seinen Gewichtsverlust von zehn Kilo und Führungsstil an der Grünwalder Straße

Wenn der 2010 verstorbene Ex-Präsident Karl-Heinz Wildmoser mal wieder die Welt gegen sich und 1860 sah, dann klagte er stets: “Bei Sechzig hast du nullkommanull Lebensqualität.” Ebenfalls beliebt bei Wildmoser: Wenn Kritik aufkam, warf er den Journalisten den Schlüssel von der 1860-Geschäftsstelle hin und fauchte: “Macht’s es halt selbst…”
Dieter Schneider (64) hat auch stressige Wochen mit den Löwen hinter sich und die Spuren des Existenzkampfes sind ihm deutlich anzusehen. Aschfahl sein Gesicht, er wirkt ausgebrannt, selbst als er zuletzt den Löwen im Trainingslager in Maria Taferl einen Besuch abstattete. Aber jammern wie Wildmoser, nein, das will Schneider nicht. In der “Sport Bild” gibt der Unternehmer jetzt zu: “Ich habe stressbedingt zehn Kilo abgenommen. Aber ich habe mir das ja selbst ausgesucht.” Klagen will er in der Öffentlichkeit nicht, schließlich ist Schneider in kürzester Zeit zu einem der bekanntesten Münchner Sportfunktionäre geworden. Auch wenn das Nachteile hat: Zuletzt war der 1860-Boss in der Therme Erding zum Relaxen. Doch mit Ruhe war nix. Er wurde immer wieder zur Löwen-Rettung befragt, selbst im Poolbereich. Der “Sport Bild” schilderte Schneider auch nochmal den Tag, als Hamadi Iraki, Ismaiks Partner, bei ihm anrief: “Er sagte: ‘Wollen wir sprechen?’ Noch blieb ich mißtrauisch, weil wir in den letzten Monaten von Heuschrecken (Investoren, d. Red.) heimgesucht wurden. Da hatten sich Makler eingeschlichen, die erst 50000 Euro Vorauskasse wollten, um uns dann einen Investor vorzuschlagen. Herr Iraki war unsere letzte Hoffnung. Wir haben uns noch am selben Tag getroffen.”
Dass es bei 1860 schon länger finanziell nicht mehr stimmte, spürte Schneider auch schon als ganz normaler Sponsor: “Ich will meinen Vorgängern nichts vorwerfen. Man hat immer gemeint, es geht so, und hat die Augen zugemacht vor den Fakten, obwohl das Wasser bis zur Unterlippe stand. Ich habe gerochen, dass da was nicht stimmt. Plötzlich gab es bei einigen, um es höflich zu sagen, Absetzungstendenzen, und man brauchte Ersatz.”
Schneider verrät im “Sport Bild”-Interview auch was über seinen Führungsstil: “Wenn Sie in der Wirtschaft erfolgreich sein wollen, ist immer sehr viel Emotionalität mit dabei. Nur über die Emotionalität können sie heute erfolgreich sein. Weil das Leben so hart ist für jeden Mitarbeiter, dass er nur, wenn es eine gewisse Befriedigung hat, das mitmachen wird. Deshalb haue ich bei 1860 nicht blind dazwischen, sondern setze auf Motivation.”