VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS-FOTO)

Robert Reisinger gilt als absoluter Hardliner beim TSV 1860. Der ehemalige Fußball-Abteilungsleiter stieg am Samstag bis zur nächsten Wahl zum Übergangs-Präsidenten beim neuen Regionalliga-Krösus auf. Gegenüber dem “Wochenanzeiger” gab Reisinger nun ein durchaus vernünftiges Interview. Der Grund für seine Berufung könnte auch damit verbunden sein, dass er mit Funktionsämtern bei den Löwen bereits vertraut ist: “Mir muss man nicht lange erklären, wie der Laden läuft.” Der 53-jährige Reisinger, der seinerzeit die Dritte Mannschaft in der A-Klasse ins Lebens gerufen hat, über:

die Schwere der Aufgabe: “Vergnügungssteuerpflichtig ist die Aufgabe sicher nicht. Aber ich bin Löwe und kann mich nicht einfach wegducken, wenn mein Verein mich in schwerer Stunde braucht. Ich verstehe mich als Teamplayer und schätze meine Vize-Präsidenten Heinz Schmidt und Hans Sitzberger sehr; ohne sie würde ich das nicht machen.”

die Rollenverteilung im Verein: “Die Zuständigkeit für die erste Mannschaft, zweite Mannschaft und die U19-Junioren liegt zunächst allein bei der KGaA. In der Öffentlichkeit besteht oft ein falsches Bild von der Rollenverteilung. Das Präsidium und der Verwaltungsrat des e.V. dürfen sich rechtlich zu keinem Zeitpunkt in das operative Geschäft der KGaA einmischen und tun das auch nicht. Das ist allein die Sache des dortigen Geschäftsführers. Das Allerwichtigste ist, dass der Verein, seine Profi-Fußballtochter und alle im Umfeld schnellstmöglich die Situation in der Regionalliga Bayern annehmen. Und zwar organisatorisch und mental. Es hilft nichts, verpassten Chancen aus der Zweitligasaison nachzuweinen. Jetzt heißt es, den Kopf hochzunehmen und die anstehenden Aufgaben anzugehen.

den Lizenzentzug: “Unser Mitgesellschafter konnte oder wollte die erforderliche Summe nicht aufbringen. Über die Gründe will ich nicht öffentlich spekulieren. Wir waren bis zur letzten Sekunde bereit, im Rahmen der Statuten Einvernehmen herzustellen.”

die Besetzung des neuen Geschäftsführers und die Ablehnung von Anthony Power: “Beide Gesellschafter haben Vorschläge für eine Neubesetzung des Geschäftsführerpostens gemacht. Eine Einigung kam im ersten Anlauf nicht zustande. Normalerweise kommentiere ich Namen nicht öffentlich. Unser Mitgesellschafter hat seinen Personalwunsch jedoch selbst gegenüber der Presse öffentlich gemacht, deshalb kann ich das bestätigen. Der Verein hat als Gesellschafter schlicht andere Vorstellungen von einem Geschäftsführer – das ist legitim.

das neue Gesicht des TSV: “Sie dürfen fest davon ausgehen, dass die erste Mannschaft in der Regionalliga Bayern ein bayerisch geprägtes Gesicht haben und von Menschen mit hoher sportlicher Kompetenz trainiert und betreut werden wird, die sich hundertprozentig mit dem TSV 1860 München identifizieren. An diesem Ziel arbeiten alle Gremien und das wird klappen.”

die Gespräche mit der Investorenseite: “Als ich unter dem Präsidium Dieter Schneider und Geschäftsführer Robert Schäfer Fußballabteilungsleiter war, galt der damalige Vertreter des Investors in München auf der Geschäftsstelle noch als Persona non grata. Ich war derjenige, der damals gesagt hat, so kann man nicht miteinander umgehen und der sich intern mit deutlichen Worten dafür eingesetzt hat, den Mann respektvoll und anständig zu behandeln. Heute ist derselbe Mensch wiederum vom Investor zur Persona non grata erklärt worden. Eine Ironie des Schicksals. Ich habe zu einem Zeitpunkt, als die Fronten völlig verhärtet waren, für Dialogbereitschaft gestanden und tue das auch jetzt. Ich bin ein großer Freund des miteinander Redens, gerne auch der konfrontativen Diskussion unter Partnern – wenn es zielführend ist! Aber mit mir fährt niemand Schlitten, das kann ich versprechen und mich schüchtert auch keiner ein.”

die gespaltene Fanszene: “Ich appelliere dringend an alle Mitglieder und Fans, bei aller verständlichen Emotion und sicher auch unterschiedlichen Ansichten, sich fair und vernünftig mit Argumenten zu begegnen. Schließlich geht es »nur« um Fußball. Wer Hass schürt, Prügelknaben und Prellböcke präsentiert und gegen Funktionäre unseres Vereins hetzt, kann kein Teil der Löwenfamilie sein.”

die Kritik von Ex-Boss Cassalette: “Hilfreich ist das sicher nicht. Cassalette hat alles auf eine Karte gesetzt und das ist schief gegangen. Vielleicht ist darin ein Motiv zu erkennen. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Jetzt geht es um die Zukunft des Vereins.”